Content Marketing

Storytelling im Videomarketing: Mit Geschichten Emotionen wecken und nachhaltig Marketingziele erreichen

Niko Albers • vom 29.07.2024 • 5 Min. Lesezeit

Der Artikel beleuchtet die Bedeutung und Wirksamkeit von Geschichten im Videomarketing. Es wird erklärt, wie durch dramaturgische Strukturen und emotionale Erzählweisen Informationen nachhaltig vermittelt und Marketingziele erreicht werden können

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Abbildung 1: Rieck, Janne. „Screenshot aus dem Werbefilm Custom - Die App für mehr erleben“. Shootle, 29. Juli 2024, https://shootle.de/storage/01J3X09PQDXGQT7HZJ408CHV9Y.jpg.

Die Storytelling-Methode im Videomarketing nutzt dramaturgische Strukturen, um Inhalte in Form von Geschichten emotional zu präsentieren. Diese Methode führt dazu, dass Informationen implizit und nachhaltig aufgenommen werden, um Marketingziele zu erreichen.1 Storytelling ist eine spezielle Methode des Content Marketings, bei der Geschichten als Kern genutzt werden. Sie dienen als trojanisches Pferd, um den Wahrnehmungsfilter zu umgehen.2

Geschichten sind eine traditionelle Form der Wissensvermittlung und Informationsweitergabe, die im Marketing genutzt wird. Es gibt zwei Hauptansätze: Fiktion, wie Märchen und Sagen, sowie Realität, wie Dokumentationen, Reportagen und Berichte. Beide Ansätze nutzen die natürliche menschliche Neigung, durch Geschichten zu lernen und Informationen besser zu behalten.3

Durch den Einsatz von Storytelling im Videomarketing werden Emotionen geweckt und eine tiefere Verbindung zum Publikum geschaffen, was die Effektivität der Marketingbotschaft erhöht und eine stärkere Markenbindung fördert.4

Warum helfen Emotionen im Storytelling, Informationen länger im Gedächtnis zu behalten?

Das Stammhirn, auch als Reptiliengehirn bezeichnet, ist der älteste Teil des menschlichen Gehirns und steuert grundlegende Überlebensfunktionen wie Herzschlag und Atmung. Es spielt auch eine zentrale Rolle bei der Verarbeitung von Emotionen. Emotionen dienen als Gedächtnisverstärker, denn diese aktivieren das limbische System, insbesondere die Amygdala, die eng mit dem Gedächtniszentrum (Hippocampus) verbunden ist. Emotionale Erlebnisse werden daher intensiver verarbeitet und besser gespeichert.5

Typologie von Geschichten im Storytelling: Narrative Product-, Corporate- und Image-Placing

Im Storytelling werden unterschiedliche Typen von Geschichten genutzt, um verschiedene Aspekte von Marken und Produkten zu kommunizieren. Diese lassen sich in drei Hauptkategorien unterteilen:

Unternehmensgeschichten

Auch als Corporate Stories bekannt, erläutern die Unternehmensmarke und heben deren Identität hervor. Grundlage sind Vision, Mission, Leitbild und Werte des Unternehmens. Diese Geschichten richten sich sowohl intern an Mitarbeiter und Partner als auch extern an die breite Öffentlichkeit, Meinungsbildner und Multiplikatoren.6

Markengeschichten: 

Brand Stories wecken Aufmerksamkeit für eine Marke und stützen ihr Image. Sie basieren auf Markenkern, Markenwerten und Charaktereigenschaften der Marke. Diese Geschichten schaffen Markenloyalität und steigern den Absatz. Sie erzeugen Emotionen und schaffen Sympathie sowie Nähe zu den Produkten und Marken.7

Produktgeschichten: 

Diese Art des Storytellings erklärt und präsentiert Produkteigenschaften und -nutzen. Produktgeschichten dienen der Differenzierung zum Wettbewerb und sind auf den Abverkauf ausgerichtet. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil der Marketing- und Vertriebskommunikation.8

Die 5 essenziellen Basiselemente, um fesselnde und wirkungsvolle Videomarketing-Stories zu schaffen

Geschichten bestehen nach Sammer aus 5 Basiselementen:

(1) Ein sinnstiftendes Motiv ein (2) Protagonist, welcher den Mittelpunkt der Geschichte

darstellt, (3) ein Konflikt, (4) die Eigenschaft Emotionen zu erwecken und (5) Viralkraft9

Abbildung 2: 5 essenziellen Basiselemente nach Sammer. (Adaptiert aus: Visual storytelling: Visuelles Erzählen in PR und Marketing, O’Reilly, Grafikerstellung: Autor)

1. Ein sinnstiftendes Motiv: 

Das Motiv ist der Grund, warum die Geschichte erzählt wird – die Botschaft, die vermittelt werden soll.10

2. Der Protagonist (und zusätzliche Charaktere): 

Der Protagonist ist das Herzstück der Geschichte, der eine Reise antritt, Prüfungen erlebt und sich wandelt. Menschen identifizieren sich mit dem Protagonisten, wodurch die Botschaft der Geschichte vermittelt wird. Der Protagonist kann eine fiktive oder reale Person sein, sichtbar oder im Hintergrund agieren. Zusätzliche Charaktere wie Unterstützer und Widersacher helfen, die Story zu lenken und die Erzählpersona zu formen.11

3. Konflikt/Drama: 

Der Konflikt bringt dramaturgische Spannung in die Geschichte.

  • Exposition: Einführung in die Rahmenbedingungen und W-Fragen (Was, Wer, Wo, Wann).
  • Erster Wendepunkt: Aufbau des Konflikts, ein Antagonist tritt auf und zwingt den Helden zum Handeln.
  • Höhepunkt: Der Konflikt erreicht seinen Höhepunkt.
  • Zweiter Wendepunkt: Der Konflikt wird abgebaut, das Schicksal des Helden wendet sich zum Guten.
  • Schluss: Die Ausgangssituation wird wiederhergestellt, jedoch hat sich die Welt durch die Entwicklung des Helden verändert.12

Abbildung 3: dramaturgische Spannung. (Adaptiert aus: Visual storytelling: Visuelles Erzählen in PR und Marketing, O’Reilly, Grafikerstellung: Autor)

4. Emotionen: 

Die Geschichte muss Emotionen wecken, um Aufmerksamkeit zu gewinnen. Visuelle und akustische Elemente wirken dabei besonders effektiv, um Trauer, Liebe, Ekel, Angst, Lust, Überraschung oder Sehnsucht zu erzeugen. 13

5. Viralkraft: 

Die Geschichte sollte das Potenzial haben, weiter erzählt zu werden. Vor der digitalen Ära geschah dies mündlich am Lagerfeuer oder in Wirtshäusern. Heute erfolgt das Sharing über Social Media, wodurch die Geschichte viral gehen kann. 14

Case Studies: Die besten Storys aus der Praxis

Ein anschauliches Beispiel ist der TV-Spot #heimkommen von Edeka aus dem Jahr 2015. Er zeigt, wie Storytelling in der Werbung eingesetzt wird und wie ein Konflikt dramaturgische Spannung erzeugt. Alle fünf essenziellen Basiselemente sind darin zu finden. Besonders bemerkenswert ist die hohe Viralität, die mit etwa 70 Millionen Aufrufen auf YouTube erreicht wurde.

Ein weiteres Beispiel aus unserer Produktion ist der emotionale Werbefilm, den wir für vhh.mobility erstellt haben. Dieser Film macht auf ein innovatives App-Angebot für seh- und hörgeschädigte Menschen aufmerksam. Durch die geschickte Nutzung von Storytelling-Techniken wird die Botschaft auf eine tief bewegende Weise vermittelt, was die App und ihre Bedeutung für die Zielgruppe eindrucksvoll hervorhebt.

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Fazit und Ausblick

Storytelling im Videomarketing erweist sich als effektive Methode, um Emotionen zu wecken und Marketingziele nachhaltig zu erreichen. Durch die Nutzung dramaturgischer Strukturen werden Inhalte in Form von Geschichten emotionalisiert, was dazu führt, dass Informationen implizit und länger im Gedächtnis bleiben. Die Kombination aus Protagonisten, Konflikten und emotionaler Ansprache schafft eine tiefere Verbindung zum Publikum und fördert die Markenbindung.

1 vgl. Friedmann, Joachim: Storytelling for Media, 06.09.2021, doi:10.36198/9783838557649.

2 vgl. Pulizzi, Joe: The Rise of Storytelling as the New Marketing, in: Publishing Research Quarterly, Bd. 28, Nr. 2, 17.03.2012, [online] doi:10.1007/s12109-012-9264-5, S. 116–123.

3 vgl. Morris, Shad S./James B. Oldroyd/Sita Ramaswami: Scaling Up Your Story: An Experiment in Global Knowledge Sharing at the World Bank, in: Long Range Planning, Bd. 49, Nr. 1, 01.02.2016, [online] doi:10.1016/j.lrp.2015.02.002, S. 1–14.

4 vgl. Yang, Kenneth C. C./Yowei Kang: Predicting the Relationships Between Narrative Transportation, Consumer Brand Experience, Love and Loyalty in Video Storytelling Advertising, in: Journal Of Creative Communications/Journal Of Creative Communications, Bd. 16, Nr. 1, 01.02.2021, [online] doi:10.1177/0973258620984262, S. 7–26.

5 vgl. Catani, Marco/Flavio Dell’Acqua/Michel Thiebaut De Schotten: A revised limbic system model for memory, emotion and behaviour, in: Neuroscience & Biobehavioral Reviews/Neuroscience And Biobehavioral Reviews, Bd. 37, Nr. 8, 01.09.2013, [online] doi:10.1016/j.neubiorev.2013.07.001, S. 1724–1737.

6 vgl. Spear, Sara/Stuart Roper: Using corporate stories to build the corporate brand: an impression management perspective, in: Journal Of Product & Brand Management, Bd. 22, Nr. 7, 01.11.2013, [online] doi:10.1108/jpbm-09-2013-0387, S. 491–501.

7 vgl. Granitz, Neil/Howard Forman: Building self-brand connections: Exploring brand stories through a transmedia perspective, in: Journal Of Brand Management, Bd. 22, Nr. 1, 01.01.2015, [online] doi:10.1057/bm.2015.1, S. 38–59.

8 vgl. Gilliam, David A./Alex R. Zablah: Storytelling during retail sales encounters, in: Journal Of Retailing And Consumer Services, Bd. 20, Nr. 5, 01.09.2013, [online] doi:10.1016/j.jretconser.2013.04.005, S. 488–494.

9vgl. Sammer, Petra/Ulrike Heppel: Visual storytelling: Visuelles Erzählen in PR und Marketing, O’Reilly, 14.10.2015.

10vgl. Sammer, Petra/Ulrike Heppel: Visual storytelling: Visuelles Erzählen in PR und Marketing, O’Reilly, 14.10.2015.

11 vgl. Tchernev, John M.: Creating Character Identification and Liking in Narratives: The Impact of Protagonist Motivations on Real-Time Audience Responses, in: Media Psychology, Bd. 25, Nr. 5, 04.05.2022, [online] doi:10.1080/15213269.2022.2067878, S. 740–761.

12 vgl. De Barros, João Pedro Ricken Lopes/Lidia Olinto: The Conflict Element in Modern and Contemporary Dramaturgy: tool of analysis and creation, in: Revista Brasileira De Estudos Da Presença, Bd. 13, Nr. 1, 01.01.2023, [online] doi:10.1590/2237-2660120402vs02.

13 vgl. Li, Nanxing/Bei Liu/Zhizhong Han/Yu-Shen Liu/Jianlong Fu: Emotion Reinforced Visual Storytelling, in: International Conference On Multimedia Retrieval, 05.06.2019, [online] doi:10.1145/3323873.3325050.

14 vgl. Borges-Tiago, Maria Teresa/Flavio Tiago/Carla Cosme: Exploring users’ motivations to participate in viral communication on social media, in: Journal Of Business Research, Bd. 101, 01.08.2019, [online] doi:10.1016/j.jbusres.2018.11.011, S. 574–582.