Employer Branding

Bewegtes bewegt mehr: Social Media Recruiting mit Videos

Niko Albers • vom 28.03.2024 • 8 Min. Lesezeit

Immer mehr Unternehmen setzen auf Videos, um potenzielle Bewerber anzuziehen. Doch was macht sie so wirksam, wie werden sie produziert und wo liegen die Unterschiede zu Employer-Branding-Videos? Dieser Artikel gibt Einblicke in die Welt der Recruiting Videos und zeigt, wie Unternehmen qualifizierte Bewerber gewinnen können.

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Abbildung 1: McGhee, Sam. „Frau sitzt auf armlosem Stuhl mit Licht zwischen Bücherregalen im Zimmer“. Unsplash, 09. Juni 2017, https://unsplash.com/de/fotos/frau-sitzt-auf-armlosem-stuhl-mit-licht-zwischen-bucherregalen-im-zimmer-4siwRamtFAk.

Die steigende Beliebtheit von Videos: Was macht sie so attraktiv?

Der Arbeitsmarkt hat sich aufgrund des Fachkräftemangels zu einem Arbeitnehmermarkt entwickelt.1 Diese Entwicklung verlangt förmlich den Einsatz von Recruiting-Videos, sowie Videos im Employer-Branding. Unternehmen müssen sich um die zukünftigen Mitarbeiter bewerben. Hier gilt es deren Aufmerksamkeit zu erregen und im Wettbewerb um qualifiziertes Personal eine erhöhte Sichtbarkeit und dadurch einen Vorsprung zu erlangen.2 Erfolgreich, sind Recruiting-Videos, wenn sie die Betrachter emotional ansprechen, authentische Einblicke in das Unternehmen gewähren und die anonyme Firma persönlicher und die Stellenbeschreibung verständlicher machen.

Der Mensch lernt durch bewegte Bilder wesentlich schneller als durch reines Hören oder Lesen. 

Das menschliche Gehirn ist in der Lage, Informationen in audiovisuellen Videos etwa 60.000-mal schneller aufzunehmen als in Textform. Daher ist das Video ein äußerst effektives Werkzeug zur Wissensvermittlung. (vgl. Abbildung 2)

Abbildung 2: Verarbeitungsgeschwindigkeit von Videos. (Adaptiert aus: 3M Corporation 2001, Grafikerstellung: Autor)

Zusätzlich haben visuelle Reize einen besseren Zugang zum Langzeitgedächtnis. Nach 72 Stunden erinnert sich der Mensch an 95% eines Videos, während es bei Bildern 65% und bei reinem Text lediglich 10% sind. Videos können Emotionen schneller hervorrufen und die Verständlichkeit erleichtern. Inhalte, die emotionale Reaktionen auslösen, werden schneller und effektiver im Gedächtnis verankert. (vgl. Abbildung 3)

Abbildung 3: Erinnerung an Inhalte nach drei Tagen. (Adaptiert aus: www.ard-zdf-onlinestudie.de, www.statista. de, Grafikerstellung: Autor)

Was ist der Unterschied zwischen Recruiting-Videos und Employer-Branding-Videos?

Recruiting-Videos und Employer-Branding Filme weisen gewisse Ähnlichkeiten auf. Allerdings fokussieren sich Recruiting-Videos in erster Linie auf spezifische ausgeschriebene Stellen oder mehrere offene Positionen, während ein Employer-Branding-Video das Unternehmen als Arbeitgeber im Allgemeinen präsentiert und positioniert. Es gewährt den Betrachtern einen direkten und authentischen Einblick in das Unternehmen, indem es die Geschäftsleitung, das Team und die Produktionsabläufe vorstellt. Das Hauptziel besteht darin, die Alleinstellungsmerkmale und Werte des Unternehmens herauszustellen und seine Geschichte zu vermitteln. Hierfür bietet das Video einen persönlichen Einblick in das Unternehmen und möglicherweise auch einen Blick hinter die Kulissen.3

Ein Employer Branding Video beleuchtet Themen, wie:

  • Unternehmenskultur
  • Zusammensetzung der unterschiedlichen Teams
  • Praxisbezug durch Einblicke ins Unternehmen und in den Arbeitsalltag
  • allgemeine Herausforderungen und Zielsetzungen des Unternehmens
  • aktuelle Projekte und Kunden anhand von Fallbeispielen
  • Blick hinter die Kulissen beispielsweise in der Produktion
  • Teamevents

Ein Employer-Branding-Film hebt die Vorzüge als Arbeitgeber hervor. Unternehmen, die selbstbewusst und ansprechend ihre Stärken darstellen, ziehen Bewerber an, die andernfalls unerreichbar wären. Es ist entscheidend, die Kernbotschaft knapp und klar zu kommunizieren. Auch bei vielfältigen Unternehmensvorteilen, interessanten Aufgaben und einem starken Team ist eine präzise Informationsvermittlung wichtig. Visuelle Elemente ergänzen und verstärken die erzählte Geschichte. (vgl. Abbildung 4)

Ein Employer-Branding-Video vermittelt einen Eindruck über

Abbildung 4: Vermittelnde Eindrücke eines Employer Branding Videos. (Adaptiert aus: BITKOM, Kienbaum, Socialbakers, stellenanzeigen. de, YouTube, Grafikerstellung: Autor)

Viele Firmen sind attraktive Arbeitgeber, doch oft ist das potenziellen Bewerbern gar nicht bekannt. Es ist essenziell, ein positives Unternehmensimage aufzubauen, um qualifizierte Fachkräfte anzuziehen. Employer-Branding-Videos zielen darauf ab, den Gesamteindruck der Firma zu verbessern, die Arbeitgebermarke zu stärken und eine führende Marktposition zu etablieren. Sie locken Interessierte, halten Mitarbeiter im Unternehmen und stärken die Markenidentifikation.4

Wie wirken Recruiting-Videos auf den Betrachter?

Ein Recruitingfilm macht die ausgeschriebene Stelle transparenter und gibt dem Bewerber ein Gefühl, ob das Unternehmen zu ihm passen könnte. Es informiert über die Unternehmenswerte, das Team, die Aufgaben und Ziele sowie die angebotenen Leistungen wie Work-Life-Balance, Aufstiegschancen, Elternunterstützung, flexible Arbeitszeiten und mögliche Sportaktivitäten. Heutzutage ist das Einstiegsgehalt nicht mehr der ausschlaggebende Faktor für viele Bewerber. Das Video zeigt komprimiert die Chancen, die sich bieten und spart wertvolle Zeit für Bewerber und Unternehmen. Die authentische Vorstellung des Unternehmens ist entscheidend für die Wirksamkeit des Videos. Ein konstruiertes Firmenimage und "aufgesetzte" Interviews fallen sofort auf wirken eher abstoßend auf Bewerberinnen und Bewerber.5

Wie werden Recruiting-Videos produziert?

Für Unternehmen ist primär die Kosten-Nutzen-Analyse relevant. Es geht darum, welchen Nutzen der Recruitingfilm bringt und welche Investition dafür notwendig ist. Letztendlich zählt das Ergebnis, die Einstellung eines perfekt passenden Mitarbeiters für die vakante Stelle. Um sicherzustellen, dass alle Beteiligten ein klares Bild vom gewünschten Recruiting-Video haben, ist es ratsam, zunächst mit einer Employer-Branding-Agentur die Zielsetzung und die Zielgruppe zu definieren. Die Erstellung eines Films erfordert ein sorgfältig ausgearbeitetes Konzept, die Auswahl von Drehorten und Protagonisten sowie eine Abstimmung von Schnitt, Ton, Voiceover, Farbgebung, Perspektiven und Musik. Nur, wenn alle Elemente aufeinander abgestimmt sind, entsteht ein stimmiges Gesamterlebnis. Eine Analyse des bestehenden Unternehmensauftritts ist unerlässlich, um gezielt auf die Corporate Identity einzugehen und so erfolgreiches Storytelling zu betreiben. 

Es ist entscheidend, dass am Drehtag sorgfältige konzeptionelle Vorarbeit geleistet wird. Diese ist unerlässlich, um eine einzigartige Geschichte zu entwickeln, die den Betrachter emotional anspricht. Eine gründliche Analyse des Unternehmens, der zu besetzenden Position(en), der Wettbewerber, des Online- und Offline-Auftritts bildet die Basis für die Erstellung eines Persona-Profils, die Entwicklung einer Konzeptidee und die Festlegung des gewünschten Stils des Recruiting Videos. Die Erstellung eines Drehbuchs und eines Drehplans nach diesen Schritten ist entscheidend für einen reibungslosen Ablauf der Dreharbeiten und den Erfolg des Gesamtergebnisses.

Im Produktionsprozess eines Films bauen die Schritte aufeinander auf. Auch in Recruiting-Filmprojekten, die zeitlich begrenzt sind, dürfen konzeptionelle Aspekte nicht vernachlässigt werden, da sonst das angestrebte Ziel verfehlt werden könnte. Besonders in Recruiting-Videos, in denen typischerweise Mitarbeiter und Geschäftsführung zu Wort kommen, kann eine schlechte Tonqualität störend wirken und das Gesamtergebnis unprofessionell erscheinen lassen. Wenn die Ziele nicht klar definiert sind, könnten während der Interviews am Set nicht die richtigen Fragen gestellt werden. Ein vorheriges Briefing der Protagonisten ist wichtig, um Überraschungen während der Dreharbeiten zu vermeiden. Nur wer sich bereits im Vorfeld Gedanken über die Struktur des Films und seine Verwendung gemacht hat, kann später den größtmöglichen Nutzen aus dem Material ziehen. Zum Beispiel sollte bei der Veröffentlichung auf Instagram berücksichtigt werden, dass Nutzer oft ohne Ton durch ihren Feed scrollen. Daher ist es ratsam, im Instagram-Video zusätzlich Texteinblendungen zu verwenden, um die Botschaft zu vermitteln. Diese Textelemente sollten bereits bei den Dreharbeiten in die Bildkomposition einbezogen werden. 

Wie lassen sich über Social-Media-Kanäle mit Videos aktiv Bewerber gewinnen?

Bereits in der Konzeptionsphase des Recruiting-Videos sollte die spätere Verwendung im Auge behalten werden. Ein YouTube-Kanal wird erst dann erfolgreich und gewinnt neue Abonnenten, wenn er regelmäßig mit aktuellen Inhalten gefüllt wird.6 Das während der Dreharbeiten gesammelte Rohmaterial kann entsprechend den Anforderungen der verschiedenen Social-Media-Kanäle in das jeweilige Format umgewandelt werden.

Idealerweise wird bereits in der Konzeptphase ein Redaktionsplan erstellt, der genau festlegt, welches Thema zu welchem Zeitpunkt auf welchem Kanal veröffentlicht werden soll. Die umfassende Verwertung des gewonnenen Rohmaterials bietet dem Unternehmen einen entscheidenden Nutzenvorteil: Es entsteht nicht nur ein einzelnes Employer-Branding-Video oder ein Recruitingfilm, sondern zusätzliches Bewegtbildmaterial, das gezielt eingesetzt werden kann und für kontinuierlichen Content sorgt. 

Beispielsweise könnten dies sein:

  • Allgemeiner Employer-Branding-Film, der das Unternehmen und die Werte vorstellt
  • Teamvorstellung bzw. Stellenbeschreibung in Einzelstatements durch Recruiting-Videos
  • Kurze und formatgerechte Schnittfassungen für den jeweiligen Social-Media-Kanal
  • Aufbereitung von Videos gezielt für bestimmte Anlässe (Event, Messe, Website-
    Relaunch etc.)

Facebook und Instagram ist ideal, um nicht-akademische Zielgruppen anzusprechen, während XING und LinkedIn sich vor allem an akademisch ausgebildetes Personal richten. Auf Facebook und Instagram können potenzielle Mitarbeiter auch außerhalb ihrer Arbeitszeit und zu jeder Tageszeit erreicht werden, da die Plattform hauptsächlich auf mobilen Endgeräten genutzt wird. Insbesondere Videoinhalte haben dort eine starke Anziehungskraft auf die Nutzer. Wenn Sie beispielsweise einen Marketingmanager suchen, sind XING und LinkedIn die besseren Plattformen, um Ihre Zielgruppe anzusprechen.7 Auf XING wirst du jedoch wahrscheinlich keine jungen Auszubildenden finden, die gerade die Schule abgeschlossen haben.

YouTube zieht alle Zielgruppen an, jedoch kann das Alleinstellungsmerkmal "Video" in der Masse an Bewegtbildern leicht untergehen. Daher reicht es oft nicht aus, ausschließlich auf YouTube zu werben.

Auf Plattformen wie Facebook, LinkedIn und Instagram unterscheiden sich die Nutzer ebenfalls stark. Während Twitter hauptsächlich für politische Debatten genutzt wird, sind auf Instagram 37 % der Nutzer unter 19 Jahre alt und 21 % unter 29 Jahre alt. Nur 2,4 % der Instagram-Nutzer sind über 40 Jahre alt.8

Facebook, die beliebteste Plattform in Deutschland, wird zunehmend von älteren Menschen entdeckt. Nur noch 61 % der unter 19-Jährigen nutzen Facebook. Im Vergleich dazu waren es 2014 noch 89 %, was bedeutet, dass damals fast jeder einen Facebook-Account hatte. Der Anteil der 40- bis 50-Jährigen ist im selben Zeitraum von 56 % auf 74 % gestiegen.9

Sobald Sie Ihre Zielgruppe definiert haben, können Sie Ihre Wunschkandidaten gezielt auf der richtigen Plattform ansprechen.

Ebenfalls zu erwähnen sind TikTok und Snapchat, die eine sehr junge Zielgruppe ansprechen.10 Sie sind möglicherweise zu jung für Recruiting-Videos im klassischen Sinn, aber sie könnten für Schulen relevant sein, die alternative Lernkonzepte präsentieren wollen und eine junge Zielgruppe ansprechen möchten. 

Fazit und Ausblick

Falls du bisher dachtest, dass Videos nur etwas für große Unternehmen sind oder dir nicht klar war, welche Möglichkeiten dieses Medium bietet, hoffen wir, dir einen umfassenden Einblick gegeben zu haben. Recruitingvideos ziehen die größte Aufmerksamkeit der Betrachter auf sich und sorgen für höchste Conversions. Um Talente erfolgreich zu rekrutieren, ist es wichtig, deine Zielgruppe auf der passenden Plattform anzusprechen. Du kannst potenzielle Mitarbeiter erreichen, die nicht aktiv nach deinem Unternehmen suchen. Durch einen authentischen Recruiting-Film erhalten Bewerber einen lebendigen Einblick in dein Unternehmen und die angebotenen Tätigkeiten. Wenn dieser Eindruck mit einem unkomplizierten Bewerbungsprozess einhergeht, wird der Einstieg und die Zusammenarbeit für beide Seiten erleichtert.

Recruitung-Video umsetzten

1 vgl. Rechsteiner, Frank: Recruiting Mindset - inkl. Augmented-Reality-App: Personalgewinnung in Zeiten der Digitalisierung, Haufe-Lexware, 26.03.2019, S. 17.

2 vgl. Künzel, Hansjörg: Erfolgsfaktor Employer Branding: Mitarbeiter binden und die Gen Y gewinnen, Springer Gabler, 27.12.2013, S.137 ff.

3 vgl. Dannhäuser, Ralph: Praxishandbuch Social Media Recruiting: Experten Know-How / Praxistipps / Rechtshinweise, Springer Gabler, 13.10.2020, S. 348 - 349.

4 vgl. Dannhäuser, 2020, S. 350.

5 vgl. Diercks, Jo: Studie der FH Düsseldorf bestätigt Effizienz von Bewegtbild-Inhalten in Stellenanzeigen, in: Recrutainment Blog, 20.04.2012, https://blog.recrutainment.de/2008/09/03/studie-der-fh-dusseldorf-bestatigt-effizienz-von-bewegtbild-inhalten-in-stellenanzeigen/ (abgerufen am 27.03.2024).

6 vgl. Opresnik, Marc Oliver/Oguz Yilmaz: Die Geheimnisse erfolgreichen YouTube-Marketings: Von YouTubern lernen und Social Media Chancen nutzen, Springer Gabler, 15.08.2016, S. 60 ff.

7 vgl. Osing, Tim: Digitaler Journalismus in der Praxis: Grundlagen von Onlinerecherche, Storytelling und Datenjournalismus, Springer VS, 27.12.2022, S. 73 ff.

8 vgl. Brandt, Mathias: Reichweite: Instagram schlägt Snapchat, in: Statista Daily Data, 25.04.2017, https://de.statista.com/infografik/9099/taegliche-nutzung-von-instagram-und-snapchat/.

9 vgl. Statista: Umfrage zur Nutzung von Facebook nach Altersgruppen in Deutschland bis 2022, in: Statista, 29.01.2024, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/691569/umfrage/anteil-der-nutzer-von-facebook-nach-alter-in-deutschland/.

10 vgl. TikTok - Nutzer nach Altersgruppen und Geschlecht weltweit 2022 | Statista: in: Statista, 29.01.2024, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1247328/umfrage/anteil-der-tiktok-nutzer-nach-altersgruppen-und-geschlecht-weltweit/.